Das Alpenbrevet ist immer ein unvergessliches Abenteuer. Die Radfahrer kennen zwar die Startzeit, wissen aber nicht, wie es enden wird. Und im 2020 haben die Organisatoren neue Strecken entworfen.
Dynamik in den Alpen.
Die Startzeit fürs Alpenbrevet 2019 war klar. 6.45 Uhr in Andermatt. Ich reihe mich hinten ein und staune über die High-Tech-Maschinen. Carbonrahmen dominieren das Feld, ein Titanrahmen glitzert vor meinen Augen. Stahl- und Alurahmen existieren zwar noch, sind aber fast unauffindbar. Pünktlich erfolgt der Start. In Leistungsgruppen unterteilt, beginnt das traditionsreiche Rennen über die Alpenpässe. Das Organisationskomitee stellte ein glänzendes Bouquet an Touren zusammen, so dass jeder Radfahrer und jede Radfahrerin die eigene Strecke auswählen konnte. Bronze-, Silber- Gold- und Platintouren standen zur Auswahl. Die Zwei-Pässe-Fahrt (Bronze) startete in Meiringen und endete in Andermatt. Die „klassischen“ Touren starteten hingegen alle in Andermatt. Speziell erwähnenswert ist sicherlich die mythische Platintour mit 5 Pässen, 264 km und 6831 Höhenmetern. Dazu gehören die folgenden sagenumwobenen Pässe: Sustenpass, 2224 m.ü.M., Grimselpass, 2164 m.ü.M., Nufenenpass, 2478 m.ü.M., Lukmanierpass, 1914 m.ü.M. und Oberalppass, 2044 m.ü.M. Mit berechtigtem Stolz können die Finisher zu Hause die neu kreierte Medaille präsentieren. Ausgeklügelt und auf der Höhe der digitalen Zeit war auch die Möglichkeit, ein Live-GPS-Tracking in der App von Raceone zu haben.
Grosses Teilnehmerfeld
Bei einem Teilnehmerfeld von fast 3000 Radfahrern und Radfahrerinnen konnten die Organisatoren zum Glück auch in diesem Jahr den Start „neutralisieren“. Das bedeutete, dass Pace-Motorfahrräder auf den jeweils ersten 10 Kilometern das Tempo vorgaben. Vor allem der Start in Andermatt mit der direkt folgenden Abfahrt durch die Schöllenen-Schlucht nach Wassen ist relativ gefährlich. Deshalb erfolgte die Zeitmessung erst ab Wassen.Identisch der Start in Meiringen. Hier beginnt die Zeitmessung erst in Innertkirchen. Ein PDF-Dokument enthielt diese und noch weitere Informationen, so dass bereits im Vorfeld zahlreiche Unklarheiten geklärt werden konnten. Die Qualität der Rennorganisation muss stimmen, denn das Alpenbrevet gehört zur Serie von den Swiss-Cycling-Top-Touren.
Auf dem Susten gab es die erste Verpflegung. Eine Fotografie des glänzenden Rennrades im übrig gebliebenen Schneefeld drängte sich auf. Das Wetter war ideal. Solche Wetterbedingungen sind traumhaft. Die hart geprüften Alpenbrevetteilnehmer und -teilnehmerinnen werden sich erinnern, wie unerbittlich kalt es auch inmitten des Sommers auf dem Sustenpass sein kann. Locker geht die Fahrt weiter. Entspannt nehme ich den Grimsel in Angriff und lasse die Beinmuskeln spielen. Eine Zeitnot existiert für mich nicht. Die Silbertour (3 Pässe) ist ohne Zeitdruck machbar im Gegensatz zur Gold- und Platintour, bei denen man Zwischenzeiten erreichen musste, um den anvisierten Plan weiter verfolgen zu können. Von Zeit zu Zeit schwelge ich in Erinnerungen und denke an die Gold-Tour. Ja, in jungen Jahren packte mich der Ehrgeiz und der Übermut und ich fuhr noch mit einem Stahlrahmen über den Nufenen. Tempi passati.
Nach der Grimselabfahrt erreiche ich Gletsch und habe noch die urchigen Alphornklänge auf dem Pass in den Ohren. Der Furkapass steht noch bevor. Mit Souplesse beginnt die letzte Bergfahrt. Dank meiner langjährigen Erfahrung habe ich das Gefühl, dass meine Beinmuskeln die früheren Strapazen gespeichert haben. Das linke Knie schmerzt ein bisschen und der Nacken ist ebenfalls verspannt. Doch diese Schmerzen sind im Prinzip nicht erwähnenswert. Die Platinfahrer und -fahrerinnen werden mit Bestimmtheit mehr leiden. Auch die Gold-Fahrer müssen in den Lenker beissen, um die Nufenen-Serpentinen und die Pflasterstein-Passage Richtung Gotthard-Pass zu meistern.
Das Ziel erreicht
In Andermatt überquere ich die Ziellinie und bin glücklich über das unfallfreie Abenteuer. Mit Freude denke ich zurück an die ersten Alpenbrevet-Erlebnisse und die engen Freundschaften, die geknüpft wurden, um gemeinsam besser die Strapazen zu meistern. Das Finisher-Trikot, die Urkunde und die Pasta-Party runden das Alpenbrevet 2019 ab. Jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin wird zu Hause eine persönliche Geschichte erzählen können.
Ein Feuerwerk an Innovationen
Und im nächsten Jahr? Ja, man ist wieder dabei. Das Alpenbrevet ist ein fixer Eintrag in der Agenda eines Radsportlers. Man will das Abenteuer nicht missen und die traumhaften Täler sehen. Man will auf dem Rad gleiten. Und die Organisatoren haben ein Feuerwerk an Innovationen gezündet, um den grössten Velo-Breitensportanlass in der Schweiz noch attraktiver zu machen. Es gibt neue Strecken. Die Übersicht:
Platintour (limitiert auf 500 Teilnehmende):
Susten, Grimsel, Nufenen, Lukmanier, Oberalp
5 Pässe, 264 km, 7‘170 Hm
Goldtour:
Furka, Nufenen, Lukmanier, Oberalp
4 Pässe, 206 km, 5‘100 Hm
Silbertour:
Furka, Nufenen und Gotthard
3 Pässe, 103 km, 3‘190 Hm
Bronzetour:
Nufenen, Gotthard (Start in Goms, Ziel in Andermatt)
2 Pässe, 59 km, 2‘190 Hm
Special: Zwischen der Gold- und Silbertour ist ein Wechsel auf der Strecke möglich.
Wie auf der Homepage notiert, läuft der Countdown. Und am Samstag, 22. August 2020 wird ein neues Abenteuer möglich sein.